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ITIL4 - oder die Revolution frisst ihre Kinder

24.08.2019 11:48:28 | CascadeIT, Helmut Steigele | 7 Kommentare
Fragte mich doch zuletzt wieder einer meiner Kunden, ob denn ein Umsatteln von ITIL3 auf ITIL4 für ihn Sinn mache, oder ob es sich um einen Totalabriss mit anschliessendem Neuaufbau handeln würde, wenn er sich dafür erwärmen könne. Meine Antwort dazu war für ihn unerwartet: ITIL4 ist nicht für Jedermann, es kommt drauf an, wie nahe Sie an derKundenfront sind

 


Auch wenn es jedem begeisterten ITILianer nun sauer aufstossen mag, aber einfach eine Ansammlung von nachdokumentierten Arbeits- und Denkweisen als die umfassende eierlegende-Wollmilchsau zu verhökern, nach dem Motto, machst du es so, machst du es richtig, ist eine brandgefährliche Angelegenheit.

Man stelle sich vor, das was man gepredigt hat funktioniert nicht und als Replik kommt dann das: Es gilt immer noch das Adopt und Adapt-Prinzip. Lieber Mann sie sind selbst an ihren bedauernswerten Erfahrungen beteiligt gewesen, machen Sie kein Lehrbuch dafür verantwortlich.

In diesem Fall bin ich, wissend dass ein Teil meiner Brötchen durchaus den Abschreibkünsten von AXELOS geschuldet ist, vorsichtig. Ich sehe mir daher zuerst einmal an, wo denn der Fragesteller beruflich wirkt und welchen Herausforderungen er sich stellen muss.

Oder präzise ausgedrückt, wie nahe kämpft mein Kunde an der "digitalen Kundenfront". Denn die Erkenntnisse aus der ITIL4-Küche sind aus einer Sicht heraus geschrieben, die davon ausgeht, dass der Anwender der empfohlenen Techniken  aus ITIL4 ganz nahe an der "Business to Consumer-Schnittstelle" wirkt und die neu gestalteten und zu managenden Services auf einen individuellen digitalen Endkonsumenten abzustimmen sind. Betrachtet man das fast schon mantra-artige Wiederholen des "Value-Co-Creaton-Paradigmas" (und kennt die Originalliteratur dazu), so weiss man, dass hier von einem launenhaften und sich immer stärker wandelnden Geschäftsumfeld ausgegangen wird.

Dass dann hier mit Wertstromdenke und mit einem Handlungsrahmen eines Service Value Systems gearbeitet wird, ist daher relativ klar. Es gilt also Wertstrom, für wechselhaftes und an das Kundenbedürfnis angepasste Abwickeln von Serviceaufgaben. Prozess für alles, was mit Berechenbarkeit und Stabilität zu tun hat.




Was aber mit all jenen, die sich in internen IT-Einheiten bewegen, Business Units bedienen, selbst als Provider für Unternehmen im B2B-Umfeld unterwegs sind. Überall dort gilt, dass es eben nicht immer chaotisch zugehen muss, im Gegenteil gar nicht chaotisch sein darf.

Genau hier aber haben sich die führenden Geister von Axeos aber selbst ins Knie geschossen. Je weniger chaotisch, desto weniger werden bereits gestählte Prozess-Apologeten gleich gar nicht auf die neue Wertstrom-Philosophie und das Service Value-System aufspringen.

Es sei denn man versucht folgendes: Erstens man definiert einen internen Stakeholder Journey für all die schon implementierten Prozesse. Danach unterzieht man genau diese Prozesse einem Prüflauf, so dass nicht nur die Resultate, die Durchlaufzeiten und Dokumentationen im Zentrum stehen, sondern auch mal alle Bypässe und all jene Situationen in den der Prozess wegen UNBRAUCHBARKEIT  ignoriert wird.

Wenn man danach entsprechend modifiziert und im Sinne gelebter Arbeitsmethoden weitergemacht wird, ist nichts von dem verloren, was in ITIL3 aufgebaut wurde. Geht es doch sowohl bei wertstiftenden Prozessen, wie Wertströmen immer um die Frage, was das Handeln des Bedürfnisträgers vorantreibt und nicht, welche Bulletpoints man wann und wo einhalten muss.


Kehren wir aber jetzt zurück zur Frage, warum ITIL4 seine Kinder frisst.

So lange man sich beim Vermitteln der neuen Inhalte zu ITIL4 als Trainer oder als Trainingsunternehmen keine Gedanken macht, warum, welche Inhalte in der Literatur verpackt wurden, und zu welchem Zweck diese Eingang in die neuen Empfehlungen gefunden haben, wird es zu drei Effekten kommen:

  • Finger weg, von ITIL4, wieso soll ich mir und dem Management ein "Alles neu macht der Mai" antun
  • Orientierungslosigkeit nach dem Foundations-Kurs, weil man schlichtweg nicht mehr weiss, wo was gilt
  • Foundations-Ausbildung vielleicht, aber Umsetzung von Wertströmen und Ausbau von Practices "Nein", weil schlichtweg der Grund dazu fehlt....



 

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