Die Rigiditätsfalle und warum das Umfeld mehr ausmacht, als der best Practice Kult

13.10.2019 20:05:47 | BLOG | CascadeIT, Helmut Steigele | BLOG | 0 Kommentare


Wer weiss wie potentielle Kunden ihre jeweiligen Probleme gelöst haben, derzeit lösen und in Zukunft lösen werden, wird in der Lage sein immer genau die Lösung zu liefern, die Kunden brauchen.

Wer fortlaufend die passende Lösung liefert, baut ein Vertrauensverhältnis zum Kunden auf, welches selbst durch Preiskrieg nicht gestört werden kann. Langfristig ist dies mit Vorschriften, Prozessen und Kosteneffizienz nicht machbar.


Klingt logisch, ist aber in der Praxis nicht immer so. Denn die Praxis und Lehrmeinung lehrt jeden gestählten Betriebswirt und Manager: Sei einzigartig, bestimme die Regeln. Sei effektiv und effizient!

Ich als Kunde wähle instinktiv immer den Lösungsanbieter, zu dem am meisten Vertrauenskapital existert, bei dem ich am wenigsten Energie, Frustration und Finanzen aufwenden muss, um ans Ziel zu kommen, und bei dem ich selbst nach einer Transaktion davon ausgehen kann, dass es noch zu weiteren guten Ideen und Anregungen kommt.

Kurz, selbst der xte Anruf irgendeines Mitbewerbers mit noch so günstigen Preiskonditionen hat mich noch nie dazu gebracht, mich von jenen abzuwenden, denen ich vertraue. Gesunde Geschäftsbeziehungen sind ein Mix aus allem, aus Nutzen, Funktionalitäten und Preisvorteilen. Einzigartigkeiten und Preisunterschiede sind langfristig in den seltensten Fällen der ausschlaggebende Grund, warum man seine Lieferanten wechselt.





Ich wage es hier daher ein paar Fragen zu stellen:

  • Was helfen Effektivität und Effizienz, wenn es nur der Unternehmensbilanz aber nicht den Kundeninteressen dient?
  • Was helfen ewig lange Produkt- und Serviceentwicklungszyklen, wenn Kunden einfach nur eine Lösung, manchmal nur eine Antwort haben wollen?
  • Wieso muss ich mich als Kunde an einen Prozess halten, obwohl ich doch derjenige bin, der für eine Leistungs Geld hinlegt und nicht für Gehorsam?
  • Wieso muss ich im Umgang mit anderen zuerst eine Fremdsprache erlernen, bevor ich fragen kann, wie ein spezifisches Problem gelöst werden kann?
Würde man ex Post viele Unternehmenskapitäne fragen, ab welchem Zeitpunkt ihre Unternehmen ins Schlingern geraten sind, ab wann die Kundenbasis erodiert ist und warum neue Lösungen für Ihre Kunden nicht rechtzeitig auf den Markt kamen, würde man folgendes zu hören bekommen:
  • Zum Zeitpunkt des Krisenbeginns haben wir perfekt nach Best Practice und State of the Art gearbeitet
  • Zum Zeitpunkt des Krisenbeginnes befanden wir uns auf einem Pfad fortlaufenden Erfolges
  • Zum Zeitpunkt des Abschwunges haben weder die eigenen Kennzahlen noch der Ausblick in die Zukunft (basierend auf den Vergangenheitszahlen) irgendeine Krise gezeigt
  • Wieso hätte ich den Erfolg meines "Blockbusters" riskieren sollen, wo doch alles so gut gelaufen ist

Jene Unternehmen waren also in die Falle getreten, die man "Rigidity-Trap" nennt. Dieser Begriff ist geläufig bei denen, die sich bei institutionellen Investoren um Unternehmensentwicklung und Risikobewertung kümmern.



In dieselbige stolpert man als Unternehmensführer dann, wenn man den Eindruck alles gut gemanagt zu haben, nichts falsch getan zu haben und daher kein Handlungsbedarf am Anpassen von Strukturen, geschweige denn an der Beachtung von veränderten Bedürfnismustern irgendeinen Reiz zu finden. Kurz: Die Zukunft kann warten, ich zeige meine Handlungsfähigkeiten erst wieder, wenns kriselt. Dann kann ich wieder als Retter auftreten, bis dahin werden die eigenen Kräfte geschont.

Wollte ich als Führungskraft zur strategischen Zukunftsfähigkeit meiner eigenen Kunden einen Beitrag leisten will, würd ich es gleich gar nicht zur Krise kommen lassen.

 

Ich würde aller Wahrscheinlichkeit zuerst einmal lernen, so wie meine Kunden zu denken, zu handeln, ihr Geschäftsumfeld zu verstehen und mir danach Verfahren und Testraster zuzulegen, welche mir genau aufzeigen, wo ich im jeweiligen "Business-Ecosystem" Veränderungen, Disruption und "schlechtes Wetter" schon erkennen kann, während andere noch schlafen.

Danach würde ich "vorbauen" und dem Unternehmen Stress ersparen, auch wenn der Preis der ist, dass ich nicht als "Retter" sondern als proaktiver Gestalter meinen Job machen könnte. Vor allem aber würde ich mich auf die Suche nach Methoden machen, die mir zeigen, ob ich schon Richtung Rigiditätsfalle unterwegs bin oder nicht.